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Das Persönlichkeits-Kästchen aufschließen

|   Bericht

Förderung für Kinder mit schwierigen Startverhältnissen in der Schule

Gut zwei Jahre gibt es nun schon die „Lernpaten Saar“. Die ehrenamtlichen Helfer unterstützen Kinder und Jugendliche aus bildungsfernen und benachteiligten Schichten sowie junge Menschen in schwierigen Lebenslagen. Das Projekt wurde von der Stiftung Bürgerengagement Saar und der Landesarbeitsgemeinschaft PRO EHRENAMT auf die Beine gestellt und ist mittlerweile über regionale Lernpatengruppen an Schulen im ganzen Saarland aktiv.

Mit dem Zuzug vieler geflüchteten Menschen ab 2015 hat die Lernpaten-Aufgabe noch einmal eine andere Richtung genommen. Hier geht es jetzt vornehmlich um Sprachförderung. Rainer Zahn war von Anfang an im ehrenamtlichen Netzwerk ANKOMMEN für geflüchtete Menschen aktiv. Inzwischen hat er sein Arbeitsfeld etwas in den schulischen Bereich verlagert und koordiniert den Einsatz von 12 Lernpaten an der Eschberg-Grundschule in Saarbrücken, eine Aufgabe, die ihn fordert, die ihm aber auch Spaß macht. „Wir arbeiten mit Schülerinnen und Schülern in schwierigen Lebenssituationen mit kontinuierlichen Treffen daran, ihnen genug Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl wiederzugeben, um die schulischen Hürden mit Anstand durchstehen zu können“, erklärt Gruppenleiter Rainer Zahn. Er betont, dass die Paten keine Nachhilfe leisten, sondern sich ihr Engagement eher zum Bereich der Sozialarbeit zuordnen lässt. Lernpaten sind Menschen, die den Kindern zeigen, dass jemand Interesse an ihnen hat, ihnen gute Tipps geben kann und sich bei den Lehrerinnen und Lehrern für sie einsetzt. Mit dem Schulgong endet diese Tätigkeit nicht. Auch bei außerschulischen Aktivitäten können die Lernpaten mitmachen.

Der Umgang mit den Schülerinnen und Schülern ist je nach Charakter und Problemstellung individuell zugeschnitten. „Bei jedem Kind braucht man einen anderen Schlüssel, um das Kästchen aufzuschließen, um das Eis zu brechen“, beschreibt Rainer Zahn, „Sowas geht natürlich nicht von heute auf morgen.“ Mit ihrer Arbeit schließen die Lernpaten nicht nur die Persönlichkeits-Kästchen auf, sondern auch eine Lücke, die die Schulen selbst nicht schließen können. Viele dieser Kinder verstehen erst mit der Hilfe der Lernpaten, dass es sinnvoll ist, in die Schule zu gehen und Lerninhalte aufzunehmen.

Wer sich für die Arbeit als Lernpate interessiert, wird in über 36 Ausbildungsstunden dafür qualifiziert. Die Inhalte sind so facettenreich wie die spätere Arbeit mit den Kindern: Module über Lernpsychologie, familiäre Problemstellungen, Analphabetismus und vieles mehr bereiten die Freiwilligen auf ihre Tätigkeit vor. „Danach sind wir keine Spezialisten auf allen Gebieten, aber wir wissen, an wen man sich in bestimmten Situationen wenden kann“, erklärt Zahn. Die Schule trifft letztlich die Auswahl, welches Kind zu welcher Patin oder welchem Paten passt. Auch die Eltern werden in die Entscheidung und die spätere Zusammenarbeit einbezogen. Lernpaten sollen und dürfen kein Elternersatz sein.

„Es gibt große Erfolge und auch Situationen, in denen die Lernpatin oder der Lernpate aufgeben, weil es nicht mehr vorwärts oder rückwärts geht“, bilanziert Rainer Zahn und betont: „Es handelt sich um ein Experiment, von dem wir alle denken, dass es wert ist, durchgeführt zu werden. Es gibt keine Erfolgsgarantie, aber jede Menge Fälle, in denen die Kinder aufgeschlossener werden.“ Ein Fazit der wissenschaftlichen Untersuchung war: „die Kinder gehen jetzt gerne zur Schule.“

Durch den großen Zuzug geflüchteter Menschen in den letzten Jahren ist eine große Problematik dazugekommen, nämlich die Sprachförderung für Kinder, die geflüchtet sind und kaum deutsch sprechen können. Mit seinem Patenkind Tuka hat Lernpate Rainer Zahn diese Hürde inzwischen genommen. Tuka spricht schon gut deutsch und gehört inzwischen mit zu den Besten in ihrer Grundschulklasse.

Infos: www.lernpaten-saar.de                                                Sebastian Zenner

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